Die Sensation ist perfekt. Marla Bergmann (23) und Hanna Wille (22) vom Mühlenberger Segel-Club haben das begehrte „Ticket to Marseille“ ersegelt und werden im August bei den Olympischen Sommerspielen in der Skiffjolle 49erFX an den Start gehen. Für den Hamburger Verein von der Elbe sind es die ersten Olympionikinnen aus den eigenen Reihen
Hamburg, 26.04.2024
Um 12.46 Uhr brandete unbeschreiblicher Jubel über der Bucht vor Hyeres auf. Hanna Wille konnte ihr Glück kaum fassen, überschwänglich umarmte sie immer wieder ihre Steuerfrau Marla Bergmann. „Wir haben es geschafft. Hanna und ich werden zusammen bei den Olympischen Spielen an den Start gehen“, sagte Marla Bergmann hörbar emotional. „Von uns fällt gerade ganz viel Druck ab, wir sind wahnsinnig erleichtert und können noch gar nicht richtig realisieren, dass unser Traum vom gemeinsamen Start bei Olympischen Spielen wahr wird“.
Vorausgegangen war eine Zitterpartie: Nachdem Marla Bergmann und Hanna Wille im deutschlandinternen Vergleich als bestes 49er FX-Team seit Anfang des Monats als Olympiakandidatinnen feststehen, fehlte ihnen bzw. den deutschen Seglerinnen noch das notwendige Nationenticket für die Startberechtigung eines deutschen Teams in dieser Bootsklasse. Pro Nation darf nur ein Team bzw. ein Segler:in in jeder olympischen Bootsklasse an den Start gehen. Es gibt eine begrenzte Anzahl von Startplätzen für die verschiedenen Nationen, über deren Verteilung in fest definierten Vorregatten entschieden wird.
Die letzte Chance für dieses entscheidende Nationenticket bot die „last chance Regatta“ vor Hyeres, die heute Mittag zu Ende ging. Zusammen mit zwei weiteren deutschen Frauenteams kämpften Marla Bergmann und Hanna Wille gegen Teams aus 15 weiteren Nationen um die Erfüllung ihres Traums von den Olympischen Spielen. Das Ziel war von Anfang an klar definiert: Nur wenn es einem der drei Teams gelingt, sich unter den drei besten Nationen zu platzieren, haben die deutschen Seglerinnen einen Startplatz im 49er FX bei den Olympischen Sommerspielen 2024.
Im letzten, heute alles entscheidenden Medal Race nach 15 regulären Wettfahrten, das doppelt in die Wertung einging, erreichten die „Mädels von der Elbe“ einen dritten Platz und schoben sich damit im Gesamtklassement ebenfalls auf den dritten Rang. Damit haben sie für die deutschen 49erFX-Seglerinnen das Nationenticket erreicht. Auf die Plätze eins und zwei kamen die über die gesamte Regatta führenden, sehr starken Teams aus Polen.
Im an Spannung kaum zu überbietenden Medal Race gelang es Marla Bergmann und Hanna Wille, sich vor den zuletzt sehr stark segelnden Konkurrentinnen aus Finnland zu positionieren. Ihre Teamkameradinnen Maru Scheel und Freya Feilcke sowie Sophie Steinlein und Jill Paland kamen auf die Plätze 5 und 7.
„Wir sind superhappy“, strahlt Vorschoterin Hanna Wille. „Zusammen mit unseren deutschen Trainingspartnerinnen haben wir diese Woche unser Bestes gegeben. Wir sind Maru, Freya, Sophie und Jill sehr dankbar, dass sie uns so stark auf unserem Weg nach Marseille unterstützt haben.“
Offiziell nominiert werden die Olympioniken des German Sailing Team erst im Juni durch den DOSB. „Marla und Hanna sind bestes deutsches Team und haben alle Qualifikationskriterien des DOSB erfüllt. Mit dem nun erreichten Nationenticket steht ihrem Start in Marseille nichts mehr im Wege“, strahlt MSC-Geschäftsführerin Grit Schmiedehausen, die beide Mädchen in ihren ersten Jahren in der Optimisten-Jolle selbst trainierte. „Der ganze MSC, vom jüngsten Optikind bis zu den Senioren unseres Vereins, hat die Ergebnisse der ‚last chance regatta’ eine Woche lang mit Hochspannung verfolgt. Marla und Hanna sind die ersten Mitglieder unseres Vereins, die bei Olympischen Spielen starten werden, wir sind alle unglaublich stolz auf sie.“
Die Segelkarriere der beiden Freundinnen Marla Bergmann und Hanna Wille begann vor über 15 Jahren auf der Elbe, als beide Mädchen, die sich aus der Grundschule kannten, gemeinsam einen Anfängerkurs im MSC belegten und auf dem Mühlenberger Loch die ersten Erfahrungen mit Pinne und Schot machten. Nach Stationen im 420er und 29er entschieden sie sich, gemeinsam in der olympischen Skiffjolle 49erFX ihre Leistungssportkarriere mit dem Ziel Olympische Spiele fortzusetzen.
„Der Erfolg von Marla und Hanna zeigt eindrucksvoll, was für eine hervorragende Grundlagenarbeit unsere Trainerinnen und Trainer, von denen viele ehrenamtlich tätig sind, im MSC leisten“, sagt MSC-Vorsitzender Lars Braun. „Es ist fantastisch, was Marla und Hanna erreicht haben. Ihre Leistung ist Inspiration und Ansporn für alle Kinder und Jugendlichen hier im Verein.“
Einer der ersten Gratulanten für das Olympische Team von der Elbe war Oliver Kosanke, Vorstand des Hamburger Segel-Verbands und zuvor Vorsitzender des MSC: „Marla und Hanna sind das, was man echte Eigengewächse nennt. Ihre Eltern und Geschwister sind bei uns im Verein aktiv, haben uns bei den Trainingslagern und im Wochentraining unterstützt und den Grundstein für so manche erfolgreiche Segelkarriere vom Mühlenberger Loch gelegt.“
Die erfolgreichen Seglerinnen werden heute Abend zusammen mit ihren deutschen Teamkameradinnen den Meilenstein ihrer gemeinsamen Segelkarriere feiern, bevor sie morgen ihr Boot, das symbolträchtig auf den Namen „Magali“ (frz. Perle) getauft wurde, vor der Heimreise nach Hamburg verpacken. Bis zu Beginn der Olympischen Sommerspiele 2024 am 26. Juli werden sie noch öfter nach Südfrankreich reisen, um auf dem Olympiarevier zu trainieren.